Buchbesprechung | Die Freiheit der Emma Herwegh

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Dirk Kurbjuweit, ein führender Kopf des Spiegel, beschreibt die wildbeweg-te Geschichte der deutschen Revolutionärin, die in Männerkleidern und bewaffnet mit Pistolen und Dolch für Freiheit, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit ihr Leben wagte. Und die trotz aller Affären von der Unverbrüchlichkeit ihrer Liebe mit dem Arbeiterdichter Georg Herwegh überzeugt war, von dem unter anderem die Zeilen stammen: „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.“

Gegen „Duckmäuser und Aufsteiger“

Emma, Tochter eines wohlhabenden Hoflieferanten aus Berlin, war eine starke Frau von rebellischer Kraft. Politisch konnte sie damals allerdings nur wirken, weil sie einen politischen Mann hatte und später einen politischen Geliebten, den italienischen Revolutionär Felice Orsini. Sie kümmerte sich um Elendsviertel, betreute Freiheitskämpfer im preußischen Gefängnis, war Kundschafterin und für eine Nacht sogar Truppenführerin der Deutschen Demokratischen Legion. Dabei kämpfte sie immer auch für Frauenrechte. Zuwider waren ihr „die Duckmäuser und Aufsteiger, das sogenannte juste milieu, diese Zwitternaturen, halb liberal, halb royal“.

Ein persönlicher Zugang zur Revolution

Kurbjuweit beschreibt das Leben Emmas aus größter Nähe. Im Zentrum steht zwar der Frühling des Revolutionsjahrs 1948. Aber weil es auch um die individuelle Perspektive einer großen Liebe geht, bietet dieses Buch einen sehr persönlichen Zugang zur deutschen Revolution, die auch zur Gründungsgeschichte der Sozialdemokratie gehört. Und was wir daraus für unsere Zeit gegen die neue Restauration von rechts lernen sollten: Die Demokratie braucht das Bündnis zwischen Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, heute ganz besonders für die sozialökologische Transformation. Sie kann nur so möglich werden.

Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands
Dieser Artikel ist zunächst erschienen in NATURFREUNDiN 1-2017

Dirk Kurbjuweit: Die Freiheit der Emma Herwegh;
336 Seiten; Hanser Verlag, München,
2017; ISBN 9783446254640; 23 Euro.