Die Stepenitz: naturnah mit Verbesserungspotenzial

Atlantischer Lachs und Meerforelle brauchen durchgängige Fließgewässer

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Wenn von Flüssen und den sie umgebenden Naturräumen die Rede ist, dann meist in Zusammenhang mit negativen Meldungen wie Fischsterben, Dürre, Hochwasser oder Überschwemmungen. Flüsse reagieren auf veränderte klimatische Bedingungen sichtbar und die Bevölkerung in Flussnähe bekommt dies meist schnell zu spüren.

Umso wichtiger ist es, den Naturraum Flusslandschaft zu schützen. Aus diesem Grund rufen die NaturFreunde Deutschlands und der Deutsche Angelfischerverband alle zwei Jahre eine gemeinsame Flusslandschaft der Jahre aus. Die Kampagne will die Bevölkerung für die ökologische, ökonomische und soziokulturelle Bedeutung der Flüsse und der von ihnen durchflossenen Landschaften sensibilisieren. Über zwei Jahre steht der ausgewählte Fluss dann im Zentrum von Aktivitäten der betreffenden Landesverbände und Kooperationspartner.

Die neue Flusslandschaft für die Jahre 2024 und 2025 ist die Stepenitz (Elbe). Ausgewählt wurde sie von einem gemeinsamen Beirat für Gewässerökologie der beiden Verbände. Der 84 Kilometer lange Fluss entspringt in der Prignitz im Nordwesten Brandenburgs und mündet bei Wittenberge in die Elbe.

Viele Querbauwerke in der Stepenitz

Die Wahl fiel auf diesen Fluss, weil er einer der wenigen verbliebenen naturnahen Flussläufe in Brandenburg ist und es laufende Projekte zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie gibt. Denn trotz hoher Wasserqualität sollte der ökologische Zustand der Stepenitz gemäß der Wasserrahmenrichtlinie verbessert werden.

Ein wichtiges Thema dabei ist die Durchgängigkeit des Flusses. Das gesamte Flusssystem der Stepenitz wird von Querbauwerken gesäumt. Eine Vielzahl von Wehren ist nur teilweise passierbar. Für viele Fischarten ist dies ein Problem. Hervorzuheben sind hierbei vor allem der Atlantische Lachs und die Meerforelle. Der Atlantische Lachs ist ein Indikator für die Gesundheit eines Ökosystems.

Bei beiden Arten ist die Durchgängigkeit von Flüssen für das Überleben wichtig. Der Atlantische Lachs zieht aus dem Atlantik an die Oberläufe von Flüssen, um zu laichen. Jedes Querbauwerk stellt ein Hindernis auf dem Weg zu den Laichplätzen dar. Seit Dezember 2023 gilt der Atlantische Lachs als potenziell gefährdete Art. Dies hatte die Weltnaturschutzunion (IUCN) am Rande der Klimakonferenz in Dubai bekannt gegeben. Hauptgrund dafür sind Staudämme und Wasserkraftwerke, die Flüsse unpassierbar machen.

Auch die Meerforelle gehört zu den Lachsfischen und wandert ebenfalls vom Meer in die Flüsse zum Laichen. Die Meerforelle teilt das Schicksal des Lachses, denn sie wurde erst im Januar 2024 vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) als gefährdet eingestuft.

Wiederansiedlung von Lachs und Meerforelle

Für den Bestand dieser beiden Fische setzt sich der Fliegenfischerverein „Fario e.V.“ mit Wiederansiedlungsprojekten der beiden Fischarten ein und hat Erfolg: Die Anzahl der zurückgekehrten Lachse und Meerforellen hat in den letzten 20 Jahren zugenommen. Doch bisher reicht es noch nicht, dass sich ein selbst erhaltender Bestand etablieren konnte.

Dass nun die Stepenitz Flusslandschaft der Jahre 2014/25 ist, freut die Akteur*innen, denn damit kann die bisherige Arbeit intensiviert und vor allem die Bevölkerung am Flusslauf weiter sensibilisiert werden. Dabei ist nicht nur der Fischbestand wichtig. Anfang 2024 war auch die Stepenitz von Hochwasser betroffen und hatte einen stark angestiegenen Pegel. Im Zusammenhang mit Hochwasser kommt den ufernahen Naturräumen eine besondere Bedeutung zu. Beispielhaft verweist Joachim Nibbe, Leiter des NaturFreunde-Bundesfachbereichs Naturschutz, Umwelt und Sanfter Tourismus (NUST), auf die wachsende Bedeutung eines vorsorgenden Hochwasserschutzes durch Renaturierung:

„Auch im Flusslandschaftsgebiet der Stepenitz zeigt sich, dass Renaturierungsmaßnahmen dabei helfen können, einen natürlichen Hochwasserschutz in der Fläche umzusetzen. Letztlich lassen sich so künftige Schäden an Gebäuden und Infrastruktur vermeiden.“

In den kommenden zwei Jahren werden unterschiedliche Maßnahmen zur Sensibilisierung und zum Naturschutz von den beteiligten Akteur*innen realisiert werden. Die Vielfalt der Beteiligten wird sich in der Diversität der Aktivitäten zeigen. Neben den beiden Bundesverbänden NaturFreunde Deutschlands und Deutscher Angelfischerverband sind der Landesanglerverband Brandenburg, die NaturFreunde Brandenburg und Fario e.V. mit im Boot.

Rita Trautmann
(Dieser Artikel ist zuerst erschienen im NaturFreunde-Mitgliedermagazin NATURFREUNDiN, Ausgabe 1-24)