Kultur & Bildung in Wuppertal

© 

Neben dem Wandern ist die Kultur der Schwerpunkt der Aktivitäten der NaturFreunde Wuppertal. In der Ortsgruppe wird die Kultur in einem ganzheitlichen Zusammenhang gesehen. Viele der Aktivitäten haben zugleich einen kulturellen, einen politischen, einen umweltlichen und einen sozialen Aspekt. Die Arbeit der Ortsgruppe zeigt, dass viele engagierte Kultur-Interessierte und manche Kultur-Profis weitere an sich ziehen. So konnten in den letzten zehn Jahren ca. 100 neue Mitglieder gewonnen werden.

Die Kulturarbeit der NaturFreunde Wuppertal zeigt eindrucksvoll, dass steigendes Engagement unabhängig vom Alter ist, und hat in den letzten Jahren vor allem dazu geführt, dass Menschen nach dem Erwerbsprozess für die NaturFreunde-Aktivitäten gewonnen werden konnten und damit die Arbeit der Ortsgruppe deutlich erweitert werden konnte. Kultur ist mit manchmal unbändiger Kreativität und Lebensfreude verbunden – sie gibt Kraft für die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen.

Die kulturellen Tätigkeiten der NaturFreunde streben eine nachhaltige Wirkung an – das heißt: Die kulturelle Aktivität sucht eine intensive Beziehung – weniger einen oberflächlichen Konsum. In einer Mischung aus Muße und Arbeit, aus Genuss und Auseinandersetzung wird die kulturelle Tätigkeit zu einem unmittelbaren menschlichen Bedürfnis, zu einem Teil der Identität der Persönlichkeit. Ob Musik, Malerei oder Tanz: NaturFreunde streben nach einem „Selber-machen“ und verstehen die persönliche Aneignung von Kultur als Teil der menschlichen und gesellschaftlichen Emanzipation.

Singen und Musizieren ziehen immer wieder neue Menschen an

In vielen Vorträgen, Diskussionsrunden und Gesprächen, beispielsweise im Kunstmuseum oder bei Veranstaltungen wie dem Gespräch mit der bekannten Buchautorin Florence Hervè über die Gemeinsamkeiten von Clara Zetkin und Simone de Beauvoir, beschäftigen sich die Kulturinteressierten mit dem Zustand der Gesellschaft. Sie wollen Politik nicht den Mächtigen und Besitzenden überlassen. NaturFreunde wollen mithelfen, den vorhandenen Kapitalismus durch eine gerechtere, friedlichere und menschlichere Gesellschaft zu ersetzen. Ein Hebel dazu kann die Kultur sein – auch die zwischenmenschliche Kultur.

Singen und Musizieren wird bei den NaturFreunden Wuppertal in einem starken Maße gepflegt. Die schon seit mehr als 20 Jahren bestehende Musik- und Singegruppe zieht immer wieder neue Menschen an sich und hat eine ganz zentrale Position. Ihr Repertoire umfasst zurzeit ca. 160 Lieder – von Wanderliedern bis Liedern aus Arbeiter-, Friedens- und Umweltbewegung. Zur Musikarbeit gehören Gruppenabende (gemeinsames Singen, Singen und Meditieren sowie Gregorianik) und ein Trommelprojekt. Im Rahmen der angebotenen Seminare zur Musikgeschichte wird zudem Musik- und Bildungsarbeit zusammengebracht.

Kreativ in Theaterprojekten und Literatur

Seit Jahren studiert eine Projektgruppe der Wuppertaler NaturFreunde Szenen zu bestimmten Themen ein. Dabei fließen Tanz, Musik, persönliche Energie und Kreativität ineinander. Für folgende Themen wurde eine Tanz-Performance erarbeitet: „100 Jahre NaturFreunde“ (2005), „50 Jahre Naturfreundehaus“ (2007), „Computer-Maus“ (2012) und „Arbeiter-Mädchen Mina Knallenfalls“ (2014).

In der Kulturarbeit der Wuppertaler NaturFreunde spielt Literatur ebenfalls eine besondere Rolle. Neben selbst zusammengestellten Literatur-Programmen mit Werken unter anderem von Mascha Kaleko, Pablo Neruda, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht, Friedrich Schiller und Theodor Fontane werden Literatur-Matineen im Naturfreundehaus zu unterschiedlichen Schriftsteller_innen, literarische Frauentreffs für gegenseitige Vorstellung von Büchern und Autor_innen und Gruppenabende zu einzelnen literarischen Themen durchgeführt sowie in der Tradition der Arbeiter_innenpoesie Gedichte und Texte selbst geschrieben.

Wanderungen und Radtouren in der Tradition des Sozialen Wanderns

Das Kulturverständnis der NaturFreunde Wuppertal spiegelt sich auch in der Reisekultur wider. Ausgehend von der NaturFreunde-Idee des „sozialen Wanderns“ setzen sich die NaturFreunde auch bei Wanderungen und Radtouren mit Landschaft, Kultur, Geschichte und Politik auseinander. Natürlich genießen alle auch die Landschaft, die interessanten Bauwerke, den Geruch der Wiesen und Wälder. Aber gleichzeitig beschäftigen sich die Aktiven auch mit den Hintergründen. Denn jede Landschaft ist eine „Persönlichkeit“, zu der ein tieferer Kontakt nur mit Wissen, Erfahrung und Gefühl hergestellt werden kann.

Eine besondere Form der Wanderaktivitäten sind die stadthistorischen Wanderungen, die sich durch einen Bildungs- und Kulturansatz auszeichnen. Neben stadthistorischen Wanderungen beispielsweise zur Industriegeschichte, Geschichte der Religionen im Bergischen Land, zu Friedrich Engels in Barmen, Ferdinand Lassalle und die „Knüppelrussen“ in Ronsdorf, zum alten Arbeiterviertel „Ölberg“ und dem ehemaligen Fabrikantenviertel „Brill“ sowie durch das Düsseldorfer Bankenviertel mit Infos zur Finanzkrise werden auch Wanderungen zu kulturellen Themen durchgeführt. Erwähnt seien hier die Touren auf den Spuren des Malers Johann Peter Hasenclever, der Bauten des Klassizismus in Elberfed, zu den alten Wasserburgen im Düsseltal sowie die Führung durch die Fachwerkstadt Langenberg. Aber auch einige der Radtouren folgten den Spuren Goethes an der Lahn, Beethovens in Bonn, der neuen Kunst am Niederrhein sowie der Geschichte und Kultur im Nahetal.

Beziehungskultur statt Karriere, Besitz und Egoismus

Zu den Kultur- und Bildungsaktivitäten der NaturFreunde Wuppertal gehört auch die bildende Kunst: selber malen (zum Beispiel zur Musik) und dabei voneinander lernen, Führungen in Kunstausstellungen vor Ort, Vorstellung von Künstler_innen im Rahmen von Gruppenabenden wie auch KUNST-Fahrten, bei denen Kunstausstellungen in anderen Städten besucht werden.

Die NaturFreunde Wuppertal wünschen, dass Menschen im sozialen Miteinander zu sich selbst finden und sich nicht über Karriere, Besitz und Egoismus definieren. Daher legen sie einen besonderen Wert auf die Beziehungskultur: In den Gruppen bestehen nachhaltige Beziehungsstrukturen, deren Intensität jede/r selbst bestimmt. Sie geben die Möglichkeit, sich im sozialen Verhalten zu üben und die eigene Kreativität und Lebensenergie bei der Befriedigung der direkten menschlichen Bedürfnisse zur Entfaltung zu bringen – und nicht für Geld zu Markte zu tragen. Zur Beziehungskultur nach diesem Verständnis gehören auch die Entwicklung von Streitkultur sowie die gruppendynamischen Auseinandersetzungen und die Pflege von Geselligkeit. Darum liegt den NaturFreunden Wuppertal sehr an einer naturfreundlichen Esskultur: gemeinsam kochen, essen und trinken – mit einer naturfreundlichen Weinprobe und -ansprache. Die Aktiven der NaturFreunde Wuppertal sind davon überzeugt, dass Begeisterung, Freundschaft und Liebe nicht nur eine persönliche, sondern auch eine wichtige gesellschaftliche und politische Bedeutung haben.

Wolfgang Weil
NaturFreunde Wuppertal

Ortsgruppe/n