Wie flämische NaturFreunde den Bergsport nachhaltiger machen
Ein Klettersteig, hochalpin, mit schweren Passagen, dazu starke Windböen und Jugendliche mit Handicap, aber ohne große Bergsporterfahrung: Gabi und Jochen Morweiser und Andrea Götz machten sich so ihre Gedanken auf dem kurzen Weg von der Bergstation am Nebelhorn (2.224 m) zum Hindelanger Klettersteig.
Die drei Bergsportler der Ortsgruppe Sonthofen waren erst wenige Wochen vorher von flämischen NaturFreunden kontaktiert worden: Es gebe da dieses „Seven Summits“-Projekt, das den Bergsport nachhaltiger machen wolle, man käme mit einer kleinen Gruppe behinderter Jugendlicher, übernachte im Naturfreundehaus Freibergsee (M 60) und, ja wirklich, man wolle diesen Klettersteig begehen. Ob man das vielleicht gemeinsam machen könne?
Fünf Jugendliche also, die bisher nur in Kletterhallen und kurz in den Ardennen trainiert hatten, einer von ihnen Autist, ein anderer gehbehindert. Bis vor drei Jahren konnte er noch keine Treppe steigen. Dazu sieben Betreuer, die jedoch einen sehr professionellen Eindruck machten: fachlich versiert, konzentriert und gut ausgerüstet. Und dann noch zwei Kameraleute: Das NaturFreunde-Projekt schlägt schon ziemlich hohe Wellen im kleinen Belgien. Die „Natuurvrienden“ gehen ja auch nicht nur klettern. Ihr „Seven Summits“-Projekt stellt letztlich die Frage, wie nachhaltig der Bergsport sein kann. Und zwar in der Praxis, ganz konkret. Was passiert eigentlich wirklich, wenn man alles versucht, um den ökologischen Fußabdruck so klein wie irgend möglich zu halten, wenn man Berge nicht nur konsumieren will, wenn man Begegnungen sucht, wenn man Kinder mitnimmt, oder Menschen ohne Geld oder mit Behinderung.
Sieben Gruppen hatten sich aufgemacht, erst sieben Gipfel in Belgien, dann in Europa zu besteigen: mit Pferd und Kutsche, mit dem Rad, segelnd, per Autostopp, mit dem Kanu. Die Gipfel reichten vom 4.974 Meter hohen Tetnuldi in Georgien bis zu drei 700ern in Yorkshire, über die letztlich einfach getrekkt wurde.
Irgendwo dazwischen: das Nebelhorn und Andrea und Gaby und Jochen. „Ich bin immer noch überwältigt“, erzählt Jochen. „Das war unglaublich, was diese Gruppe hier geleistet hat. Wie umsichtig die Betreuer auf die Jugendlichen eingegangen sind. Das war ja alles andere als einfach da oben. Und dann die Jugendlichen selbst: so eine Konzentration, so eine Freude. Dieses ‚Seven Summits‘-Projekt der flämischen NaturFreunde ist eine gute Idee. Das sollte man unbedingt nachmachen.“
Samuel Lehmberg
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 3-2015.