Wie ein „Wasserstoffzug“ die Verkehrswende vorantreiben könnte

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Nördlich von Berlin verkehrt die Bahnlinie RB27, vor Ort auch als „Heidekrautbahn“ bekannt. Ab dem Jahr 2020 soll sie mit regional und nachhaltig produziertem Wasserstoff betrieben werden.

Für dieses Vorhaben, das innovative Zugtechnik mit Windstrom aus der Uckermark kombinieren soll, hat sich die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) mit dem Erneuerbare-Energien-Produzenten Enertrag, dem Schienenfahrzeughersteller Alstom und der Barnimer Energiegesellschaft zusammengetan. Getestet wird der „Wasserstoffzug“ vom Hersteller bereits, vorerst allerdings in Niedersachsen.

Die Technik funktioniert in etwa so: In einem Kraftwerk wird Wasser durch Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Die eingesetzte Energie kommt aus Windanlagen und bleibt im Wasserstoff gespeichert. Dieser soll in einer Brennstoffzelle im Zug dann mit Hilfe von Sauerstoff in Wasser und elektrische Energie umgewandelt werden, die schließlich den „Wasserstoffzug“ antreiben wird.

Der Einsatz emissionsfreier Technologien im Verkehrssektor ist eine der Herausforderungen unserer Zeit. Das Vorhaben „Wasserstoffzug“ will auch auf nicht elektrifizierten Strecken einen Schienennahverkehr anbieten, der ohne Kohlendioxid- und Feinstaubemissionen auskommt. Diese Methode könnte die Dekarbonisierung im Verkehrssektor bei gleichzeitiger regionaler Integration von erneuerbaren Energien voranbringen.

Zudem liefert das Zusammenspiel der Projektpartner vor Ort ein Vorbild für eine sozial-ökologische Transformation der Region: Enertrag betreibt ein Regionalkraftwerk in der Uckermark, dass die benötigte Energie ausschließlich aus erneuerbaren Quellen erzeugt und unter anderem von mehr als 400 Windenergieanlagen gespeist wird. Seit 2011 erzeugt Enertrag Wasserstoff aus Windstrom mittels Elektrolyse. Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) führt seit 2005 den Zugbetrieb auf der Linie der Heidekrautbahn durch. Die Infrastruktur der Strecke, inklusive der Tankanlage, wird von der NEB betrieben, während die Barnimer Energiegesellschaft eine Schlüsselrolle in der Projektsteuerung einnimmt.

Die örtliche Nähe der Projektpartner Enertrag und NEB stärkt die regionalen Standorte in Brandenburg. Die Wasserstofferzeugung in der Uckermark und seine Verwendung im nahen Barnim würden das Ziel einer klimaverträglichen Regionalwirtschaft fördern. Die Wertschöpfung bliebe in der Region.

Das geplante Projekt könnte daher nicht nur einen wesentlichen Beitrag im Rahmen der Umsetzung der Barnimer Null-Emissions-Strategie bilden, sondern auch zur brandenburgischen Mobilitätsstrategie 2030 mit dem Kernziel „Mobilität umweltfreundlich gestalten“. Spannend wird sein, ob sich das Vorhaben wirtschaftlich realisieren lässt und wenn ja, ob und wo es Nachahmer findet.

Joachim Nibbe
Bundesfachbereichsleiter Naturschutz, Umwelt und Sanfter Tourismus