„Wir brauchen Förderprogramme für Naturfreundehäuser“

Gabi Rolland, neue Bundesfachbereichsleiterin Naturfreundehäuserwerk und Häuserarbeit, im Interview

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Die Freiburger NaturFreundin Gabi Rolland wurde im November vom NaturFreunde-Bundesausschuss in den Bundesvorstand gewählt. Dort ist sie nun verantwortlich für den Bundesfachbereich Naturfreundehäuserwerk und Häuserarbeit.

"Eine große Aufgabe wird die Modernisierung und Sanierung der Naturfreundehäuser sein", kündigt Rolland in diesem Interview an und fordert breite Förderprogramme von der Politik.

Aber lies das Interview am besten selbst und erfahre dabei auch, was Gabi Rolland motiviert, was sie an Naturfreundehäusern schätzt und wie sie überhaupt zu den NaturFreunden kam.

Du bist langjährige Vorsitzende der Ortsgruppe Freiburg, die zwei Naturfreundehäuser führt – ein Stadtheim in Freiburg ohne Übernachtungsmöglichkeit und das große Naturfreundehaus Breitnau mit 58 Betten im Hochschwarzwald. Was bedeuten die beiden Naturfreundehäuser für deine Ortsgruppe?

Gabi Rolland: Unsere Naturfreundehäuser sind die Anker unserer Vereinstätigkeit. Im Stadtheim treffen wir uns zu unserer Monatsbesprechung, hierhin laden wir ein zur NaturFreunde-Akademie, es ist unser Zufluchtsort bei schlechtem Wetter und hier feiern wir auch Weihnachten.

Unser Naturfreundehaus in Breitnau ist Ziel und Ausgangspunkt schöner Wanderungen, wir machen dort einmal im Jahr ein Ortsgruppen-Hüttenwochenende, genießen das Draußensein und das gemütliche Miteinander bei leckerem Essen und Musik. Im Naturfreundehaus Breitnau findet auch unsere jährliche Mitgliederversammlung statt. Auch ich selbst nutze gerne die Gastfreundschaft unserer Pächter, zum Beispiel über die Jahreswende, um die Hektik der Stadt hinter mir zu lassen und mal richtig ausspannen zu können.

Weißt du, ob und wie Freiburger NaturFreund*innen andere Naturfreundehäuser nutzen?

Gabi Rolland (61) ist im NaturFreunde-Bundesvorstand zuständig für den Fachbereich Naturfreundehäuserwerk und Häuserarbeit. Rolland ist auch Vorsitzende der NaturFreunde Freiburg sowie Vorsitzende der AG der beiden NaturFreunde-Landesverbände Baden und Württemberg. Die Diplom-Verwaltungswirtin ist seit 2011 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg und seit 2021 stellvertretende Fraktionsvorsitzende der dortigen SPD-Landtagsfraktion. rolland@naturfreunde.de

Ja, durchaus. Zum Beispiel haben wir bei der ersten großen NaturFreunde-Friedenswanderung "Frieden in Bewegung" fünf Naturfreundehäuser in einer „Westschleife“ miteinander verbunden – das war klasse. Und es hat auch nochmal deutlich gemacht, welcher Trumpf unsere Häuser sind. Einige unserer Mitglieder nutzen auch gerne die Angebote des Reisereferats der NaturFreunde in Baden und Württemberg, die oft in Naturfreundehäuser führen. Auch selbst bin ich häufig in Naturfreundehäusern und lerne gerne neue Häuser kennen. Die Atmosphäre ist schon immer toll.

Was zeichnet deiner Meinung nach die Naturfreundehäuser aus?

Schon allein, wenn ich unser Emblem mit dem solidarischen Handschlag und den drei Alpenrosen sehe, fühle ich mich willkommen.

Man findet schnell Anschluss an die Bewirtschafter und andere Gäste und man begegnet sich auf Augenhöhe. Oft gibt es Angebote für Wanderungen oder sonstige Aktivitäten, das Essen ist lecker und manchmal kann man sich sogar selbst etwas kochen. Gelegentlich hat man das Glück, dass abends jemand eine Gitarre in die Hand nimmt und dann singt man ein Liederbuch durch oder setzt sich zum Kartenspiel zusammen.

Auch stehen Naturfreundehäuser meist an besonders schönen Orten. Ich weiß nicht, wie unsere Vorgänger*innen das hingekriegt haben, aber Chapeau! Ich finde unsere Naturfreundehäuser einzigartig.

Jetzt bist du im Bundesvorstand verantwortlich für das Naturfreundehäuserwerk. Was ist deine Motivation für dieses neue ehrenamtliche Engagement?

Ich möchte gerne mithelfen, die Einzigartigkeit unserer Naturfreundehäuser zu erhalten und sie weiterzuentwickeln. Einige Häuser stehen vor großen Herausforderungen und ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, sie zu meistern.

Wie würdest du die Lage der immerhin fast 400 Naturfreundehäuser in Deutschland beschreiben?

Die ist so vielfältig wie die Naturfreundehäuser selbst. Ich sehe aber insbesondere diese Trends: Vor allem für ehrenamtlich geführte Häuser wird es immer schwieriger, noch genügend Leute zu finden, die die Betreuung übernehmen. Für alle Häuser gilt zudem, dass die Kosten erheblich gestiegen sind. Und auch Corona war für viele schwierig und hat einige Häuser an den finanziellen Abgrund geführt. Zum Glück konnten die Corona-Hilfen auf die Naturfreundehäuser erweitert werden. Einige Häuser können von den Ortsgruppen aber nicht mehr gehalten werden und es werden Alternativen gesucht.

Wo liegen deiner Meinung nach die größten Herausforderungen im Häuserbereich?

Die steigenden Kosten für Energie, Lebensmittel und Gebühren machen allen zu schaffen. Das macht den Betrieb schwierig, da er in der Regel saisongeprägt und oft auch wetterabhängig ist. Eine große Aufgabe wird die Modernisierung und Sanierung der Naturfreundehäuser sein. Ich kann ein Lied davon singen, was es bedeutet, angemessene Brandschutzmaßnahmen umzusetzen, das Gebäude energetisch gut aufzustellen oder sanitäre Anlagen zu modernisieren. Und dabei immer auch noch im Blick zu haben, dass wir günstiges Übernachten ermöglichen wollen.

Wo siehst du noch Potenziale?

Wir ermöglichen mit unseren Naturfreundehäusern sanften Tourismus und bieten viele Informationen über Natur und Landschaft, Kultur und Menschen an. Bei uns kann man Achtsamkeit mit Natur und Menschen lernen und auch erfahren. Das ist vor allem in der heutigen Zeit wichtig. Auch sind wir außerschulischer Lernort – das finde ich sehr wichtig. Wenn es die Naturfreundehäuser nicht gäbe, müsste man sie erfinden.

Du bist seit Jahren politisch aktiv und aktuell stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg. Wie könnte die Politik die Naturfreundehäuser am besten unterstützen?

Wir brauchen breite Förderprogramme für die Modernisierung, energetische Sanierung und Instandhaltung der Häuser. Diese Programme müssen schlank sein und ohne viel Aufwand abrufbar, damit sie auch von ehrenamtlich organisierten Strukturen genutzt werden können. Sehr gut wäre zudem, wenn es für unsere Familienferienstätten ein Förderprogramm gäbe, welches sie bei ihren außerschulischen Angeboten wie zum Beispiel den Umweltdetektiven oder auch bei Angeboten der Erwachsenen- und Demokratiebildung unterstützt. Ich würde dazu gerne mal mit meiner Fraktion ein Seminar in einem Naturfreundehaus machen.

Warum bist du eigentlich NaturFreundin geworden?

Letztlich war es wohl ein Zufall: Ich hatte im früheren NaturFreunde-Stadtheim Freiburg immer Sitzungen und Veranstaltungen. Irgendwann hat man mir dann einen Aufnahmeantrag hingelegt und gemeint: Vier Dinge seien wichtig – SPD, AWO, Gewerkschaft und NaturFreunde.

Fragen Samuel Lehmberg

Weitere Bilder

Galerie Gabi Rolland

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