Bodenschutz: Forderungen der NaturFreunde an die Bodenpolitik

Boden ist Leben

Boden ist Lebensgrundlage. Boden ist Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen. Als  Bestandteil des Naturhaushalts puffert und filtert und wandelt er um. Damit schützt er das Grundwasser und wirkt als Kohlenstoffdioxid-Speicher. Er dient der Nutzung durch den Menschen, insbesondere der Nahrungsmittelproduktion.

Die drei großen Ziele der Weltgemeinschaft – Erhaltung der Biodiversität, Begrenzung der Klimaerwärmung auf zwei Grad und die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung – sind ohne ausreichende und gesunde Böden nicht zu schaffen.

Beeinträchtigungen der Bodenqualität

Trotzdem wird seit langem, und verstärkt in unserer Zeit, sehr sorglos mit dem Boden umgegangen. Toxische Stoffeinträge durch Landwirtschaft und Industrie sowie Überdüngung schädigen ihn auf Dauer. Der zunehmende Einsatz von schweren Maschinen bei der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung führt zu Bodenverdichtung. Wenn die Erde längere Zeit unbedeckt bleibt, setzt die Erosion ein und die wertvolle Ackerkrume geht unwiederbringlich verloren. Die unangepasste Bewirtschaftung führt weltweit zu einem jährlichen Verlust fruchtbaren Bodens von 23 bis 26 Milliarden Tonnen. Einmal zerstört steht der ursprüngliche Boden mit seinen Funktionen nachfolgenden Generationen nicht mehr zur Verfügung, denn Böden entwickeln sich über Jahrtausende. In Europa entsteht pro Jahr etwa 0,1 Millimeter neuer Boden, in 100 Jahren somit lediglich 1 Zentimeter!

Flächenverbrauch

Absolut verschwenderisch ist der Flächenverbrauch für Siedlungen, Industrie und Verkehrsinfrastruktur, der in großen Schritten weitergeht. In Deutschland sind bereits 13,5 Prozent der gesamten Fläche bebaut und versiegelt. Der Flächenverbrauch ist zwar von 130 Hektar pro Tag auf 74 Hektar gesunken, die von der Nationalen Nachhaltigkeits­strategie geforderten 30 Hektar pro Tag bis 2020 werden jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich verfehlt.

Gründe für die mangelnde Beachtung des Bodens

Ein wesentlicher Grund ist die Tatsache, dass viele Schäden und Belastungen schleichende Prozesse darstellen und zunächst nicht offensichtlich und gravierend sind. Ein Bewusstsein über die Bedeutung des Bodens für den Naturhaushalt und für den Menschen kann sich nur schwer einstellen. Flächenverbrauch ist meist auf viele Standorte verteilt, so dass die Veränderungen lokal nicht auffallen. Viele Beeinträchtigungen spielen sich zudem unter der Erdoberfläche ab und sind ebenso kaum wahrnehmbar. Durch die Ausrufung des Internationalen Jahres des Bodens 2015 durch die Vereinten Nationen sollte die Bedeutung der Böden ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.

Kritik an der bestehenden Rechtslage in der Bodenpolitik

In Deutschland bilden das Bundes-Bodenschutzgesetz von 1998 zusammen mit der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung von 1999 die maßgebliche, gesetzliche Grundlage. Es hat seinen Schwerpunkt im nachsorgenden Bodenschutz und regelt überwiegend Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit Altlasten.

In den Alpenländern gilt das Bodenschutzprotokoll zur Alpenkonvention, das wertvolle Bestimmungen enthält, aber von der Praxis zu wenig angewendet wird.

Die auf europäischer Ebene angestrebte Bodenrahmenrichtlinie sollte das Nachhaltigkeitsgebot im Bereich des Bodenschutzes umsetzen und das Bodenschutzrecht in den EU-Mitgliedsstaaten harmonisieren. Von der Europäischen Kommission im Jahr 2006 vorgelegt, ist das Regelungskonzept 2014 wegen einer von Deutschland angeführten Sperrminorität wieder zurückgezogen worden. Erst neun Mitgliedsstaaten haben eigenständige gesetzliche Regelungen zum Bodenschutz geschaffen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Internationale Abkommen wie das UN-Umweltprogramm (UNEP) 2013 oder das UN-Übereinkommen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) beschränken sich auf einzelne Ziele oder Gebiete. Eine umfassende Regelung fehlt. Es gibt auch keine UN-Vorschriften, die den Boden in den Zusammenhang mit anderen sozialen und ökologischen Problemen stellen.

Die Forderungen der NaturFreunde Deutschlands im Einzelnen

Die NaturFreunde fordern Regelungen zum nachhaltigen Umgang mit Böden, die geeignete Rahmenbedingungen zum Schutz der Böden und für ein nachhaltiges Landmanagement schaffen. Dazu gehören Maßnahmen, die zu einer Verringerung des Flächenverbrauchs und zu einem verantwortlicheren Verhalten der konventionellen Landwirtschaft bis hin zu einer ökologischen Landnutzung führen. Eine herausragende Rolle spielt hierbei die Bewusstseinsbildung für die Bedeutung der Böden.

Nachhaltiges Management gegen Flächenfraß und Degradierungen von Böden

  • Der „Aktionsplan Flächenschutz“ des Bundesumweltministeriums muss konsequent umgesetzt werden.
  • Die weitere Zersiedelung muss durch innerstädtische Verdichtung und die Erhaltung der Ortskerne verhindert werden.
  • Planungsverantwortliche in der Raumplanung müssen von den Landesregierungen angeleitet und mittels Planungshilfen unterstützt werden, eine zukunftsfähige Siedlungsentwicklung zu konzipieren. Die Flächeninanspruchnahme soll durch ein regional abgestimmtes Bestandsmanagement minimiert, qualitativ verbessert und nachhaltig gestaltet werden. (Das Land Rheinland-Pfalz hat diesbezüglich eine Vorreiterrolle inne und liegt bereits heute schon unter der geforderten Zielmarke.)
  • Lokale Bodenschutzberichte sind zu erstellen, indem Bodenqualitäten und Bodenbelastungen systematisch erfasst und in Flächennutzungs- und Regionalplänen bewertet werden.
  • Zu jedem Bodeneigentum ist grundsätzlich ein stofflicher Bodenpass (Eigenschaften und Belastungen) zu erstellen.
  • Nicht mehr benutzte Flächen wie zum Beispiel Industriebrachen sind an die Natur zurückzugeben.
  • Entsprechend der Eingriffsregelung nach Naturschutzrecht ist eine eigenständige Eingriffsregelung für Bodenbelange einzuführen. Alle bodenbezogenen Maßnahmen sind flächenschonend und bodenschonend (ordnungsgemäßes Auf- und Einbringen von Materialien) vorzunehmen. Bei Großvorhaben ist eine spezielle Bodenschutzbegleitung vorzusehen.
  • Zur Sanierung der lokalen und flächenhaften schädlichen Bodenveränderungen ist eine Bodenschutzumlage (von den Eigentümern je nach Nutzungsintensität zu zahlen) einzuführen.
  • Das Bodenschutzrecht ist um die Themen „verbesserte Vorsorge“, „Bodenschutzplanung“ und  „Schaffung von Finanzierungsinstrumenten für Sanierungs- und Vorsorgemaßnahmen“ zu erweitern. Dabei sind nicht nur der Boden selbst, sondern auch die betroffenen relevanten Umweltmedien (Wasser, Lebens- und Nahrungsmittel) einzubeziehen.
  • Es muss ein alternatives Verkehrskonzept entwickelt werden. Eine Überarbeitung des alten Bundesverkehrswegeplans muss loskommen von ständigem Straßenneubau.

Landwirtschaftliche Nutzung

Für die konventionelle Landwirtschaft sind gesetzliche Vorschriften zum Schutz des Bodens erforderlich:

  • Beschränkung des Einsatzes von Pestiziden, Herbiziden und Fungiziden
  • Absolutes Verbot von gefährlichen Giften wie zum Beispiel Glyphosat
  • Verbot von gentechnisch veränderten Stoffen
  • Beschränkung der Großvieheinheiten pro Hektar, wodurch das Gülle-Problem entschärft wird
  • Ausdehnung des Grünlandumbruchverbots auf Gebiete außerhalb von EU-Schutzgebieten
  • Bodensanierungsmaßnahmen

Stärkere Förderung der Biologischen Landwirtschaft:

  • Finanzieller Ausgleich für Ökodienstleistungen wie beispielsweise die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit und die Bindung von Kohlenstoff im Boden. Geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit sind die Winterbegrünung mit Zwischenfrüchten sowie der Fruchtwechsel zwischen Getreide und Hülsenfrüchten.
  • Anreize zum Anpflanzen von Bäumen und Büschen im und am Feld zum Schutz gegen Erosion.
  • Bessere Förderung der Bio-Landwirtschaft; denn sie besitzt durch ihre Methoden und Konzepte Vorbildcharakter. Sie verzichtet auf Mineraldünger, verringert so die Stoffeinträge und sorgt für eine gute Bodenstruktur. Die NaturFreunde Deutschlands fordern, den Anteil der zertifizierten Öko-Landwirtschaft zu erhöhen und finanziell stärker zu subventionieren.

Bewusstseinsbildung

In der land- und forstwirtschaftlichen Ausbildung müssen die Funktionen des Bodens und die Prozesse, die sich in ihm abspielen, eine zentrale Rolle spielen. Der Boden darf nicht als bloßes Stützsubstrat für Pflanzen betrachtet werden.

  • Bereits in den Schulen soll den Kindern und Jugendlichen in geeigneter Weise der Wert des Bodens vermittelt werden.
  • Das Konzept „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) ist dazu geeignet, das Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Böden zu wecken und Wissen darüber zu vermitteln. Besonders Kinder sollen Zugang zu Boden bekommen und durch die Bewirtschaftung kleiner Flächen Verantwortung übernehmen.
  • Eine generelle Ursache für den Umfang und die ökologisch bedenkliche Richtung der Nutzungsänderungen ist die Ausrichtung der Bewertung von Grund und Boden alleine nach seiner profitablen Nutzbarkeit. Es ist zusätzlich die ökologische Bedeutung der Böden für den Naturhaushalt miteinzubeziehen. Es muss ein Umdenken im Umgang mit Böden auf planerischer Ebene stattfinden.

Internationale Gesichtspunkte

Da der Bodenschutz nicht nur eine nationale, sondern zugleich eine europäische und eine globale Aufgabe ist, fordern die NaturFreunde Deutschlands weiter:

  • Wiederaufnahme der Verhandlungen in der EU für eine Bodenschutzrahmenrichtlinie, bei denen Deutschland und weitere Mitgliedsstaaten ihre Blockadehaltung aufgeben
  • Eine UN-Konvention zum Schutz des Bodens, die nicht nur die ökologischen Aspekte enthält, sondern auch die soziale und kulturelle Dimension umfasst und Bodenspekulation sowie Landgrabbing Einhalt gebietet.   

November 2015
NaturFreunde-Bundesfachbereich Naturschutz, Umwelt und Sanfter Tourismus (NUST)
Eckart Kuhlwein kuhlwein@naturfreunde.de