Der Artenverlust ist nicht zu bremsen

Trotzdem: Acht neue Natura Trails werben für den Schutz der biologischen Vielfalt

Natura-Trail-Flyer der NaturFreunde
© 

Um die biologische Vielfalt auf der Erde steht es überhaupt nicht gut. Tatsächlich nimmt der Reichtum der Natur, also die Vielfalt der unterschiedlichen Arten und Ökosysteme, immer weiter ab. Und dieser Verlust kann einfach nicht gebremst werden, trotz unzähliger Strategien, Maßnahmen und Programme. Das ist die alarmierende Botschaft der UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt, die Mitte Oktober in Südkorea tagte. Eigentlich wollte die Weltgemeinschaft ja den Verlust an Artenvielfalt bis zum Jahr 2020 stoppen. Doch das Erreichen dieses Zieles scheint immer mehr zur Illusion zu werden.

330 Ziele verpflichten die Bundesregierung
Im November 2007 hatte Deutschland seine „Nationale Biodiversitätsstrategie“ beschlossen, deren Grundlagen vier Jahre lang von Experten aus Verbänden und Wissenschaft erarbeitet worden waren. Die Strategie enthält rund 330 Ziele und 430 Vorschläge für ganz konkrete Maßnahmen, ist auf mindestens vier Legislaturperioden angelegt, verpflichtend für die gesamte Bundesregierung und versucht, auch die Gesellschaft mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen und Projekten zu beteiligen. Trotzdem ist das große Vorhaben zur Erhaltung unserer biologischen Vielfalt nur zögerlich aufgenommen worden.

Über hundert Natura Trails laden mittlerweile in Deutschland zur Erkundung der Naturschätze ein - zu Fuß, mit dem Rad und mit dem Kanu. Mehr erfahren im Natura-Trail-Portal der NaturFreunde.

So fällt dann auch eine aktuelle Zwischenbilanz des Bundesamts für Naturschutz alles andere als überzeugend aus. Im Jahr 2020 sollte zum Beispiel der Anteil der Wälder mit einer natürlichen Waldentwicklung fünf Prozent an der gesamten bundesdeutschen Waldfläche betragen. 2013 lag er bei allerdings nur 1,9 Prozent, bis zum Jahr 2020 dürften wohl kaum 2,3 Prozent erreichbar sein. Der Flächenanteil naturschutzfachlich wertvoller Agrarbiotope sollte bis 2015 auf 19 Prozent steigen. Stattdessen hat er sogar von 13 Prozent auf weniger als 12 Prozent abgenommen. Für Siedlungen und Verkehrsinfrastruktur sollten im Jahr 2020 pro Tag nur noch 30 Hektar neue Flächen erschlossen werden. Wohlgemerkt: Jeden Tag 30 Hektar neue versiegelte Fläche wären tatsächlich ein Fortschritt. Denn im Jahr 2012 waren es 74 Hektar pro Tag. Zwar zeigt der Trend in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus, um das Ziel für 2020 zu schaffen.

Ein Jammer ist auch, dass das Bewusstsein für den Wert der biologischen Vielfalt kaum gewachsen ist – mit erheblichen Unterschieden zwischen den verschiedenen Milieus und Schichten. Im Durchschnitt weiß nur etwa ein Viertel der Bevölkerung genügend über Zusammenhänge, hat eine positive Einstellung zum Schutz von Arten und Ökosystemen und verhält sich entsprechend.

Die Grundlagen unseres Lebens schützen
Eine Schlussfolgerung ist: Wir brauchen mehr Bildungsarbeit, um das Verständnis für den Wert der biologischen Vielfalt zu erhöhen und die Bevölkerung für den Schutz von Arten und Ökosystemen zu sensibilisieren. Denn es geht um nicht weniger als die Grundlagen unseres Lebens. NaturFreunde könnten in ihren Städten und Gemeinden zum Beispiel stärker für eine Mitarbeit im „Bündnis der Kommunen für biologische Vielfalt“ werben. Immerhin sind die Kommunen zuständig für Planung und Verwaltung vor Ort – auch von Natur und Landschaft.

Und dann natürlich die Natura Trails, unsere Routenvorschläge durch Europas Naturschutzgebiete, die immer auch für den Schutz der Naturschätze „vor der Haustür“ werben. Fast jeden Monat kommen neue hinzu und damit auch neue Gelegenheiten für öffentliche Führungen und gute Gespräche, die andere Menschen zu Freunden der Natur machen – und vielleicht auch zu NaturFreunden.

Eckart Kuhlwein
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 4-2014.