Die Bruderschaft der Schwarzen Diamanten

Eine Reise in die geheimnisvolle Welt der Perigord-Trüffel im Département Vaucluse

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Meine erste Trüffel habe ich am Rande des Harzes gefunden. Nachdem eine Zeitung über einen Fund berichtet hatte, führten mich eigene Recherchen über einen Weinhändler zu einem Sternekoch und schließlich zum Fuße einer Eiche, wo ich tatsächlich eine Weißen Mäandertrüffel (Choiromyces venosus) entdeckte: gut gekocht oder in Scheiben gebraten essbar, in kleinen Mengen auch als Würzpilz geeignet. Bei mir sollte diese Trüffel stark abführend wirken.

Eine seltsame Leidenschaft

Schon früh hatte mich eine seltsame Leidenschaft gepackt: Alle selbst fotografierten Exponate der Natur wollte ich auch benennen können. So kam ich auch auf Pilze, fuhr oft zig Kilometer, um bekannte Fundorte mit Biotopen in meiner Heimat zu vergleichen und stieß dabei auf die seltene Gelbliche Wurzeltrüffel (Rhizopogon obtextus), die Bunte Hirschtrüffel (Elaphomyces muricatus) sowie die absoluten Raritäten Karotten-Trüffel (Stephanospora caroticolor, Riesengebirge) und Coopers Sandborstling (Geopora cooperi, Region Bremen).

Bei diesen Arten handelt es sich allerdings nicht um „Echte Trüffel“ wie etwa die Perigord-Trüffel (Tuber melanosporum), die auf Märkten in der Provence zu Kilopreisen bis zu 2.000 Euro gehandelt werden. Endverbraucher müssen für die „Schwarzen Diamanten“ dann sogar um die 40 Euro je 10 Gramm bezahlen.

Während die Fruchtkörper der „Falschen Trüffel“ im reifen Zustand die Erdoberfläche er- reichen oder gleich oberirdisch wachsen, bilden sich die der „Echten Trüffel“ in 20 bis 50 Zentimetern Tiefe aus. Erschnüffelt werden sie dort von Hunden, gefräßige Schweine sieht man allenfalls noch bei Fototerminen. In Russland sollen auch Bären im Einsatz gewesen sein, in Sardinien sind es immer noch Ziegen, und das manager magazin berichtete von Katzen, die auf der ersten deutschen Trüffelplantage in Neustadt an der Waldnaab im Einsatz sind.

Diskrete Verkaufsgespräche im Flüsterton

Nur durch die Fürsprache eines Barons, der meine erfolglosen Bemühungen beobachtet hatte, konnte ich überhaupt Kontakt aufnehmen und drang schließlich bis zu den Kofferräumen vor, an denen diskrete Verkaufsgespräche im Flüsterton geführten werden. Hier ist nur Bares Wahres, Belege gibt es nicht.

Inzwischen kenne ich die Handelsplätze und bin sogar bis zu den Trüffelsuchern vorgedrungen. Die streifen durch die Landschaft, bis die Hunde Witterung aufgenommen haben und den Trüffelsucher alarmieren. Der fördert dann mit einer kleinen Schaufel (Picouloun) den Fruchtkörper zutage. Bringt der Hund die Trüffel selbst, nimmt ihn der Sucher mit Daumen und Zeigefinger aus dem Maul, öffnet dabei die anderen drei Finger und gibt so einen Biskuit frei, mit dem das Tier für die Trüffelübergabe belohnt wird.

In der Hochsaison von Mitte November bis Mitte März kommen pro Tag bis zu 1,2 Tonnen Perigord-Trüffel auf den Markt – oder eben in den Kofferraum. Denn offiziell sinkt die Trüffelproduktion: Waren es im Jahr 1868 noch 1.534 Tonnen, wurden 1920 knapp 451 Tonnen und im Jahr 2011 nur noch 32 Tonnen geerntet. Inzwischen werden 80 Prozent der begehrten Fruchtkörper unter Bäumen in Plantagen geerntet, deren Setzlinge schon bei der Pflanzung mit einer entsprechenden Mykorrhiza im Wurzelwerk „geimpft“ wurden. Nach einem Wachstum von etwa sieben bis zehn Jahren kann ungefähr 20 Jahre lang geerntet werden.

Zeremonie schwarz gekleideter Ritter

Ausgesprochen geheimnisvoll ist auch die all- jährliche Messe, mit der sich Trüffelbauern, -sucher und -händler der Gunst des Heiligen Antonius, dem Schutzpatron der Trüffel, versichern wollen. Eröffnet wird die Zeremonie mit dem Einzug schwarz gekleideter Ritter der Trüffel-Bruderschaft, die einen Schwarzen Diamanten in ihrem Ornat führen. Neben der Segnung der Trüffelsucher ist der eigentliche Höhepunkt dann die Versteigerung der Kollekte: Sicher ragen aus den Körben auch größere Geldscheine heraus, doch der Hauptteil der Spenden besteht aus Trüffeln. Regelmäßig kommen hier bis zu 4,5 Kilogramm unter den Hammer, zugunsten der Kirche und natürlich des Heiligen Antonius. Aber auch zugunsten des Département Vaucluse, das mit diesem heiligen Spektakel seine Position im Konzert der anderen Trüffelregionen festigen und möglichst ausbauen will.

Wolfgang Pankalla
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 4-2014.

Weitere Bilder

Galerie Trueffel Provence Pankalla

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