Weltklimakonferenz: Mit den Reduktionszusagen ist das 2-Grad-Ziel nicht zu schaffen

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Die diesjährige Weltklimakonferenz tagt im spanischen Madrid: Noch bis zum 13. Dezember ringen die Staaten der Vereinten Nationen um die sogenannten INDCs, die Klimaschutz-Zusagen der Länder (Englisch: Intended Nationally Determined Contributions). Diese wurden für das Paris-Protokoll beschlossen und stellen einen Paradigmenwechsel in der Klimapolitik dar: Bislang „mussten“ alle Industriestaaten Klimaziele einhalten, nun „dürfen“ Staaten sich ein Klimaziel geben – auch die Entwicklungsländer. Nötig war das geworden, weil Länder wie China, Indien, Saudi-Arabien oder Südafrika im alten UN-Regime aus den 90er-Jahren noch als Entwicklungsland galten – und damit vom Klimaschutz befreit blieben. Nimmt man noch einige Schwergewichte wie Indonesien, Brasilien, Südkorea oder Thailand hinzu, sind diese Länder aber mittlerweile für die Hälfte der weltweiten Treibhausgasproduktionen verantwortlich. Ohne sie wird der weltweite Klimaschutz also nicht funktionieren.

Deshalb formulierte das viel umjubelte Paris-Protokoll im Jahr 2015 ein Ziel, auf das sich alle UNO-Staaten einigten: die Erderwärmung auf „unter zwei Grad“ zu begrenzen. Insofern „lädt“ das Klimaschutz-Abkommen von Paris alle Länder ein, sich zu beteiligen, dieses Ziel zu erreichen – mit eigenen Klimaschutz-Zusagen, den sogenannten INDCs.

Bislang haben mehr als 150 Staaten solche Klimaziele schriftlich bei der UNO eingereicht. Und die UNO hat auch nachgerechnet, was diese Pläne wert sind: Sollten alle Länder ihre gemachten Zusagen erfüllen, würde sich die globale Atmosphäre um 2,6 bis 3,1 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts aufheizen – mit katastrophalen Folgen für den Meeresspiegel, die Wüsten, die Nahrungsmittelproduktion, den deutschen Wald. Auf der Klimakonferenz in Madrid geht es deshalb um die Frage: Wie gelingt eine nachträgliche Verschärfung der Zusagen, um doch noch die Zwei-Grad-Grenze einzuhalten?

Energiewende ohne Windkraft?

In dieser Debatte wird Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Denn die Bundesrepublik hat bei der UNO hinterlegt, ihre Treibhausgase bis 2020 – also bis Ende diesen Monats – um 40 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Geschafft werden wohl nur 35 Prozent, weshalb Deutschland besonders viel nachlegen muss: Wurden in den vergangenen Jahren durchschnittlich 1,16 Prozent pro Jahr reduziert, so müssen es ab jetzt jährlich mindestens zwei Prozent sein, wenn das Ziel bis 2030 erreicht werden soll: minus 55 Prozent. Deutschland muss also Tempo machen. Doch dafür spricht nichts. Nach der Solarenergie wird gerade auch die Windkraft in Deutschland platt gemacht. Ganze 148 neue Windräder gingen bis Oktober in diesem Jahr neu ans Netz, vor zwei Jahren waren es noch knapp 1.800 Anlagen.

In ihrem Klimapaket beschloss die Bundesregierung höhere Steuern auf Flugtickets, eine höhere Pendlerpauschale, günstigere Bahntickets. Kurzstreckenflüge werden künftig 5,53 Euro teurer, für die Pendler gibt es fünf Cent mehr je Kilometer, Bahntickets sollen zwölf Prozent günstiger werden.

Die SPD feiert das als Erfolg. „Alle reden über Klimaschutz: Wir legen los!“, lautet der Slogan, der übrigens jenem verdammt ähnlich klingt, mit dem sich die Union vor der Europawahl schon hatte durchzumogeln versucht: „Alle reden vom Klimaschutz: Wir setzen ihn seit 35 Jahren um.“ Tatsächlich ist es peinlich, was die GroKo verabschiedet. Denn das deutsche Klimaziel bis 2030 wird nicht zu halten sein: Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müsste Deutschland der UNO deutlich mehr als minus 55 Prozent anbieten, was schon dann erreichbar wäre, wenn der Kohleausstieg deutlich vor 2030 erfolgen würde.

Im Pariser Vertrag hat Deutschland völkerrechtlich verbindlich strengen Klimaschutz zugesagt. Das was die Staaten bislang der UNO gemeldet haben, ist insgesamt nicht streng genug, um die Erderwärmung entscheidend zu begrenzen. Hallo, hallo Bundesregierung: Bitte bessern Sie jetzt nach!

Nick Reimer