Vom Grünen Punkt zum Zentralen Register

Zeitenwende: Ab Januar gilt in Deutschland ein neues Verpackungsgesetz

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Mit dem Grünen Punkt sollte alles besser werden: Um den wachsenden Müllbergen ein Ende zu bereiten, brachte im Jahr 1991 der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) die Verpackungsverordnung auf den Weg. Töpfers Idee: Wer Verpackungen herstellt, der soll auch die Kosten für deren Beseitigung tragen.

Unter „Beseitigung“ verstand der Gesetzgeber in erster Linie Recycling: Je nach Material gelten unterschiedliche Wiederverwertungsquoten, bei Glasflaschen beispielsweise 70 Prozent. Die Verpackungshersteller bezahlen eine Lizenzgebühr an das Duale System Deutschland (DSD), eine Firma, die sich um das Sammeln des Verpackungsmülls und ums Recycling kümmert. Der Verpackungshersteller bekommt dafür den Grünen Punkt. Und jeder Hersteller ist verpflichtet, diesen Punkt zu tragen. Fehlt er, macht sich ein Hersteller strafbar.

Doch schon bald schlugen die Hersteller von Milch, Waschpulvern oder Fernsehgeräten die Verpackungskosten auf den Preis drauf. Nicht sie zahlten also für den Verpackungswahnsinn, sondern wir, die Kunden. Und weil sich verpackte Waren besser verkaufen lassen als unverpackte – vermutlich greifen Sie auch lieber zum eingeschweißten Buch, als nach dem, was schon geöffnet und durch allerlei Hände gegangen ist – wurde der Verpackungsmüll immer mehr.

Bis zum Jahr 2004 hatte das Duale System ein Monopol in Deutschland. Weil heutzutage aber alles liberalisiert wird, verlor die Firma, die die Gelben Tonnen einst ausgegeben hatte, dieses Monopol. Seitdem bieten auch andere Firmen wie Landbell, Interseroh oder Remondis ihre Dienste als Müllsammler und Recycler an. Der Grüne Punkt verlor an Bedeutung. Und kontrollieren, ob sich ein Verpackungshersteller an die Gesetze hält, das konnte auch niemand mehr: Zuletzt war offenbar nur noch die Hälfte der eigentlich Verpflichteten bereit, sich an den Sammel- und Entsorgungskosten zu beteiligen. Und die Recyclingquote fiel auf 36 Prozent, obwohl die Verbraucher*innen brav weiterhin ihren Müll trennten.

Wer Waren verkaufen will, muss sich in der "Zentrale Stelle Verpackungsregister" registrieren

„Wir produzieren in Deutschland zu viel Plastikmüll.“ Mit dieser Einschätzung hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) deshalb ein neues System auf den Weg gebracht: die „Zentrale Stelle Verpackungsregister“. Dort müssen sich alle Onlinehändler, alle Lebensmittelkonzerne, jede*r, die*der Waren in Deutschland verkaufen will, anmelden. Vom ersten Januar an müssen die Registrierten dann dokumentieren, welche Waren (sortiert nach Markennamen) sie in Verkehr bringen und welche Mengen an Verpackungen für diese Waren anfallen. Zum Jahresschluss soll dann abgerechnet werden, wer wie viel bezahlen muss.

Auch ein Anreizsystem ist installiert: Verpackungen, die leicht zu recyceln sind, sollen kostengünstiger sein als solche, die sich praktisch gar nicht wiederverwerten lassen. Plastikverpackungen beispielsweise, die mit bedrucktem Papier umhüllt sind, werden von den Messgeräten der Recyclinganlage als „Papier“ identifiziert und aussortiert. Die Recyclingquote solcher Verpackungen liegt praktisch bei null.

Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt hat die „Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister“ eine Art Punktesystem für ein recyclinggerechtes Verpackungsdesign definiert. Daran angelehnt ist die Preisliste für die Entsorgung von Verpackungsmüll: Gelbe Tonnen und Säcke wird es künftig weiter geben.

Das neue Verpackungsgesetz gilt ab dem 1. Januar 2019. Unter anderem muss der Handel dann auf seinen Verkaufsflächen ausweisen, ob Flaschen einmal oder mehrmals verwendet werden. Zudem soll das Gesetz die vorgeschriebenen Recyclingquoten in den nächsten vier Jahren schrittweise von derzeit 36 auf dann wieder 63 Prozent anheben. Das bedeutet jedoch, dass im Jahr 2024 immer noch ein Drittel der Verpackungen ohne Recycling in die Verbrennungsanlagen wandert.

Nicht nur deshalb gibt es Kritik am Gesetzentwurf der SPD-Ministerin: „Das Gesetz konzentriert sich zu sehr darauf, Müll zu recyceln“, sagt beispielsweise Rolf Buschmann, Müllexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz. „Es muss aber darum gehen, Müll zu vermeiden!“

Nick Reimer